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Unter­suchungs­haft

Was versteht man unter der so genannten U-Haft?

Untersuchungshaft bedeutet die Unterbringung eines Beschuldigten in einer speziellen (Abteilung einer) Justizvollzugsanstalt. Die Untersuchungshaft dient ausschließlich dazu sicherzustellen, dass der Beschuldigte in der Hauptverhandlung anwesend ist und das Hauptverfahren durchgeführt werden kann. Von der Untersuchungshaft ist die vorläufige Festnahme zu unterscheiden. Dabei handelt es sich um eine vorläufige Ingewahrsamnahme des Beschuldigten, die durch die Staatsanwaltschaft und deren Hilfsbeamte angeordnet werden darf. Sie darf nur bis zum Ende des der Festnahme folgenden Tages, maximal also knapp 48 Stunden, dauern. Spätestens danach ist der vorläufig Festgenommene dem Ermittlungsrichter zur Entscheidung über die Anordnung der Untersuchungshaft vorzuführen oder zu entlassen.

Die Anordnung, eine Person in Untersuchungshaft zu nehmen (der sog. Haftbefehl), darf gem. § 114 StPO allein von einem Gericht erlassen werden. Im Ermittlungsverfahren ist dafür der Ermittlungsrichter zuständig, nach Erhebung der öffentlichen Klage das mit dieser Klage befasste Gericht.

Sollten Sie vorläufig oder aufgrund eines Haftbefehls festgenommen werden, sollten Sie unbedingt sofort einen Anwalt kontaktieren und in keinem Falle eine Aussage machen!

Die erste Aufgabe des Strafverteidigers ist zu prüfen, ob überhaupt die Voraussetzungen für die Untersuchungshaft vorliegen und ob nicht weniger einschneidende Maßnahmen als die Vollstreckung des Haftbefehls anzuwenden sind. Oft liegen die Voraussetzung für einen Haftbefehl nämlich schon überhaupt nicht vor, entweder besteht schon gar kein dringender Tatverdacht, es existiert kein Haftgrund, oder das Verhältnismäßigkeitsgebot wurde nicht gewahrt. Statt der Untersuchungshaft kommt als einfachstes Mittel die Abgabe des Reisepasses mit Meldeauflagen oder konkreter Argumente wie die Zusammengehörigkeit der Familie und fehlende Auslandskontakte in Betracht. Aber auch das Angebot der Mitwirkung bei der weiteren Aufklärung kann bereits überzeugen, wobei dies zuvor ausführlich mit einem Anwalt besprochen werden sollte.

Sowohl bei der vorläufigen Festnahme, als auch in der Untersuchungshaft haben Sie das Recht auf einen Verteidiger zu bestehen, Ihnen muss auf Nachfrage die Möglichkeit geboten werden, sich telefonisch um einen Rechtsanwalt zu bemühen. Während der Untersuchungshaft ist dem Beschuldigten ein ständiger und persönlicher Kontakt mit seinem Anwalt erlaubt, der nur in besonders schwerwiegenden Fällen kontrolliert werden darf.

Ablauf der Untersuchungshaft

Nach der Festnahme wird der Beschuldigte spätestens am darauf folgenden Tage dem Haftrichter vorgeführt. Dies ist aber nicht immer der zuständige Richter der den Haftbefehl erlassen hat, sondern häufig der örtlich nächste Richter. Dieser verkündet lediglich den Haftbefehl und sorgt dafür, dass der Beschuldigte dem zuständigen Haftrichter zugeführt wird. Erst dieser entscheidet dann, ob der Haftbefehl – aufrechterhalten bleibt oder – ausgesetzt wird. Im Rahmen der Vernehmung durch den Haftrichterhaben Sie die Möglichkeit, sich zu äußern und sich selbst zu entlasten. Auch hier ist allerdings Vorsicht geboten, wenn Sie das weitere Vorgehen noch nicht mit einem Verteidiger besprochen haben. 

Nach dem Beginn der Vollstreckung der Untersuchungshaft ist dem Beschuldigten sodann, wenn er noch keinen Verteidiger hat, unverzüglich von Amts wegen ein Pflichtverteidiger zu bestellen.

Dauer der Untersuchungshaft

Die Länge der Untersuchungshaft ist abhängig vom konkreten Verfahren und dessen Umfang. Häufig dauert die Untersuchungshaft bis zum weiteren Prozess 6-12 Monate, die Dauer der Untersuchungshaft wird gem. §51 StGB aber auf eine spätere Geld- oder Freiheitsstrafe angerechnet. Eine unzumutbare Verzögerung des Verfahrens mit einer Untersuchungshaft von mehr als einem Jahr bis zu mehreren Jahren wurde vom Bundesverfassungsgericht mehrmals höchstrichterlich für verfassungswidrig erklärt. In diesem Fall kann der Strafverteidiger eine Haftbeschwerde einlegen.

Durchführung der Untersuchungshaft

Bei der Durchführung der Untersuchungshaft darf der Untersuchungsgefangene nur solchen Einschränkungen unterworfen werden, die der Zweck der Untersuchungshaft oder die Ordnung in der Vollzugsanstalt erfordern. Grundsätzlich gilt der Untersuchungsgefangene als unschuldig und ist daher so zu behandeln, dass nicht der Anschein entsteht, er würde zur Verbüßung einer Strafe festgehalten (§ 1 Abs. 1 UVollzG NRW). Deswegen darf der Untersuchungsgefangene beispielsweise seine eigene Kleidung tragen oder sich Verpflegung von einem (vertrauenswürdigen) Restaurant bringen lassen. 

Ein Untersuchungsgefangener darf grundsätzlich Besucher empfangen; eine richterliche Besuchserlaubnis, ist nur dann nötig, wenn dies durch den Richter zur Abwehr der Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr ausdrücklich so angeordnet worden ist. Der Besuch kann aber nach wie vor aus Gründen der Sicherheit und Ordnung der Anstalt akustisch und optisch überwacht werden.

Rechtsmittel

Der Untersuchungsgefangene kann jederzeit richterliche Haftprüfung beantragen oder Haftbeschwerde gegen den Haftbefehl erheben. 

Bei der Haftprüfung gem. §§ 117 ff. StPO entscheidet nach einer mündlichen Verhandlung das Gericht  darüber, ob die Untersuchungshaft fortgesetzt werden soll oder nicht. Dauert die Untersuchungshaft länger als sechs Monate an, führt das zuständige Oberlandesgericht auch ohne vorherigen Antrag eine Haftprüfung durch, ob die weitere Dauer der Untersuchungshaft gerechtfertigt ist und ob das Verfahren bisher mit der bei Haftsachen gebotenen Beschleunigung durchgeführt wurde. Fehlt es an einer dieser Voraussetzungen, hebt das Oberlandesgericht den Haftbefehl auf. Erhält es ihn aufrecht, erfolgt diese Prüfung erneut in Abständen von weiteren höchstens drei Monaten.

Das Verfahren der Haftprüfung ist zügig – die mündliche Verhandlung muss in den ersten zwei Wochen nach Eingang des Antrags durchgeführt werden. Die Entscheidung über die Fortdauer der Haft soll am Schluss der mündlichen Verhandlung verkündet werden, muss aber in jedem Fall binnen einer Woche erlassen werden. Der Antrag auf Haftprüfung kann beliebig oft wiederholt werden.

Durch die Hafbeschwerde gem. §§ 304 ff. StPO wird im Gegensatz zur Haftprüfung erreicht, dass das nächsthöhere Gericht den Sachverhalt überprüft. Die Haftbeschwerde kann jederzeit eingelegt werden, allerdings nicht, wenn bereits ein Antrag auf Haftprüfung gestellt wurde. Anders als im Rahmen der Haftprüfung hat der Beschuldigte bei einer Haftbeschwerde keinen Anspruch auf eine mündliche Verhandlung. Eine solche kann, muss aber nicht durchgeführt werden. Hat die Haftbeschwerde keinen Erfolg, kann gegen diese Entscheidung eine weitere Beschwerde eingelegt werden.

Entschädigung

Wird der Untersuchungshäftling im späteren Prozess freigesprochen oder die Eröffnung des Hauptverfahrens durch den Richter abgelehnt, besitzt der Beschuldigte einen Anspruch auf Schadensersatz für Schäden, die er durch die Untersuchungshaft oder weiteren Maßnahmen der Strafverfolgung erlitten hat. Gleiches gilt auch, wenn das Strafverfahren eingestellt wird. 

Sollten Sie oder einer Ihrer Verwandten oder Bekannten Hilfe im Rahmen der vorläufigen Festnahme oder der Untersuchungshaft benötigen, zögern Sie nicht und kontaktieren Sie und unter: 0201 81179607 oder füllen Sie nebenstehendes Kontaktformular aus.